Vom Weberknecht
Vor einiger Zeit blieb ich an einem regnerischen Tag während eines Schwellengangs neben einer Buche stehen und berührte ihren nassen, kühlen Stamm. Eine kleine Spinne lief über meine Hand und führte mich zu einemWeberknecht weiter oben am Stamm, der dort bewegungslos verharrte.
Neugierig betrachtete ich dieses grazile Wesen. Sein zarter Körper schwebte in der Mitte und wurde von seinen feinen, langen Beinen getragen und stabilisiert.
Ich ließ diese Haltung in meinem Inneren wirken, und so war für mich Außen und Innen in gleichem Maße erlebbar. Der kleine, ovale Körper erschien mir wie ein Zentrum – ein »In-mir-Ruhen« – und die langen, feinen Beine, die sich in acht verschiedene Richtungen ausstreckten, wie ein »Mich-ausdehnen zu den Orten um mich herum«.
Mir kam plötzlich das innere Bild, als wären an den Enden seiner zarten Beine Ohren, die hörten – und über sie konnte ich, gehalten vom Zentrum, die Welt um mich herum noch feiner wahrnehmen.
Seine regungslose Haltung faszinierte mich; für mich hatte sie eine hohe Präsenz und Wahrnehmungskraft. Es fühlte sich an, als würde es genau dieses Stillsein brauchen, um nicht abgelenkt zu werden.
Mir kam plötzlich das innere Bild, als wären an den Enden seiner zarten Beine Ohren, die hörten – und über sie konnte ich, gehalten vom Zentrum, die Welt um mich herum noch feiner wahrnehmen.
Seine regungslose Haltung faszinierte mich; für mich hatte sie eine hohe Präsenz und Wahrnehmungskraft. Es fühlte sich an, als würde es genau dieses Stillsein brauchen, um nicht abgelenkt zu werden.
Wieder zu Hause fielen mir plötzlich überall Weberknechte auf.
Jedes Mal erinnerten sie mich an die Begegnung im Wald – und an diese beiden Qualitäten von Ruhe und Zentriertheit und von Ausweitung und Zuhören.
Jedes Mal erinnerten sie mich an die Begegnung im Wald – und an diese beiden Qualitäten von Ruhe und Zentriertheit und von Ausweitung und Zuhören.
Warum erzähle ich dir das?
Zum einen geht es hier natürlich um eine innere Landschaft, die der Weberknecht in mir berührt hat. Zugleich offenbart es meines Empfindens nach genau diese Haltung, die in der heutigen Zeit hilfreich sein könnte, um im Chaos um uns herum stabil und ausgerichtet zu bleiben.
Da ist einmal die Praxis der Stille, die dir hilft, deine innere Mitte immer wieder neu aufzusuchen. Und dazu kommt die Praxis der Achtsamkeit, des tiefen Zuhörens, um zu erkennen, was jetzt gerade ist und welche Impulse und Handlungen daraus entstehen.
Da ist einmal die Praxis der Stille, die dir hilft, deine innere Mitte immer wieder neu aufzusuchen. Und dazu kommt die Praxis der Achtsamkeit, des tiefen Zuhörens, um zu erkennen, was jetzt gerade ist und welche Impulse und Handlungen daraus entstehen.
Und ich möchte dir damit erzählen, dass wir so viele Lebensimpulse erhalten, wenn wir nach draußen gehen und eben genau in dieser Haltung mit der Natur sind. Jedes lebendige Wesen kann dir etwas über das Leben erzählen, dir einen anderen Aspekt deiner inneren Landschaft zeigen.
Sind wir in alle Richtungen zuhörend, dann erzählen uns die Wolken, der Regentropfen, der Wald, die Buche, die Spinne und eben genau dieser kleine Weberknecht, was es heißt, lebendig zu sein.
Draußen zu sein, wird dir helfen, deine innere Mitte zu finden; und wer weiß, welches Wesen dich inspirieren und wandeln wird, wenn du ihm mit offenem Herzen zuhörst.
Bleibt zuletzt nur noch eine Frage von mir zu dir:
Wann gehst du raus?
Greta Horn, 2.9.25